Freitag, 19. Oktober 2012

Das Auto zum Wochenende, Folge 6: VW Phaeton

Polo, Scirocco, Bulli, Golf, Lupo, Jetta, Touran, Käfer, Passat - das ist eine kleine Auswahl der beliebtesten VW der Geschichte. Jeder kennt sie und fast jeder respektiert sie als zuverlässige, praktische Begleiter im Alltag. Volkswagen also im Wortsinne.

Eines der meistunterschätzen Autos überhaupt: VW Phaeton (Foto: NS)
 
Im VW-Konzern war seit der Wiederbelebung von Audi in den 1970er Jahren klar, dass die Kernmarke für das breite Volk und Audi für die gehobeneren Ansprüche wohlhabender Kunden da sein sollte. 2002 startete dann der VW Phaeton. Genauso groß wie ein Audi A8. Auch fast so teuer. Und alle Welt fragte sich, was das wohl solle. Konkurrenz im eigenen Hause sagten die einen. Ein Volks-Wagen für die Megareichen, unkten andere. Und tatsächlich war das Projekt von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Kaum jemand, der viel Geld für eine Luxuslimousine ausgeben wollte, würde sich mit dem schnöden VW-Emblem im Kühlergrill zufrieden geben. Und diejenigen, denen das Image egal war, waren konservative Stammkunden bei den etablierten Marken: BMW, Mercedes, Audi, Jaguar, Lexus. Dafür, dass der Phaeton einen komplett neuen Kundenkreis erschließen musste, war er nicht eigenständig, nicht markant genug. Sein einziges Argument war: Qualität.

Das beste Auto der Welt wollte der damalige VW-Chef Ferdinand Piech auf die Beine stellen. Wenn man davon ausgeht, dass dieser Titel nicht aufgrund von Beliebtheitswerten oder Verkaufszahlen vergeben wird, könnte er das geschafft haben. Das ließ er sich bzw seinen Konzern einiges kosten: In der eigens dafür entwickelten Gläsernen Manufaktur in Dresden wird der Oberklassewagen in Handarbeit (!) gefertigt. Die Kritiker waren verblüfft von der technischen Perfektion des Wagens, von dem uneingeschränkten Komfort, der Liebe zum Detail, insbesondere was die Verarbeitung im Innenraum anbetrifft. Auch Gerhard Schröder war überzeugt und bestellte einige Exemplare als "Kanzlerwagen". Der Phaeton war besser als die Konkurrenz und trotzdem stets etwas günstiger. Auch wenn über 100.000 Euro für das Spitzenmodell 6,0 W12 mit 420 PS happig klingen: Wenn man Emotionen und Geschmacksfragen beiseite ließ, so war der Phaeton die vernünftigste Wahl. Allradantrieb war bei allen Motorisierungen Standard und kaum ein Konkurrent bot so viel Luxus in einem so unauffälligen Auto. Wer Understatement mochte, wählte den "großen Passat".


Beeindruckende Maße bei zeitlosem Design (Foto: NS)
Wer sich vor 10 Jahren noch vom hohen Kaufpreis abschrecken ließ, kann sich heute den Traum vom Phaeton erfüllen. Als Gebrauchtwagen gilt er als äußerst zuverlässig und sein Wertverlust war auch noch höher als bei seinen Konkurrenten. Im Vergleich zur S-Klasse oder zum BMW 7er ist er einfach so viel zeitloser und klassischer in Design und Auftritt. Besonders günstig zu haben ist der leider etwas durstige Basis-Benziner 3,2 V6, den es selbst mit unter 100.000 Kilometern auf dem Tacho schon ab etwa 12.000 Euro auf dem Gebrauchtwagenmarkt gibt. Unwesentlich teurer sind die exotischeren Motorisierungen wie der 4,2 mit V8 oder der faszinierende 5,0 V10 TDi mit 313 Diesel-PS. Am wertstabilsten ist die beste Phaeton-Variante: der 3,0 TDi.
Für mich steht schon seit einigen Jahren fest: Ich will einen haben. Gepflegt, am besten aus erster Hand, in schwarz und mit dicken Felgen. Ein cooles, fettes, geniales Auto, das keiner wollte: Begehrenswerter geht es in meinen Augen nicht.

Nico Siemering, Bielefeld-Korrespondent

Siehe auch:

Das Auto zum Wochenende, Folge 5: Citroen DS
Das Auto zum Wochenende, Folge 4: Mazda MX-5
Das Auto zum Wochenende, Folge 3: BMW X6
Das Auto zum Wochenende, Folge 2: Fiat 500
Das Auto zum Wochenende, Folge 1: Bugatti Veyron EB 16.4

2 Kommentare:

  1. Ist der Phaeton nicht vor allem auch ein Piech-Baby? Hab mal gehört, dass er den Ingenieuren sehr viele Vorgaben gemacht hat, und die immer wieder selbst überwacht hat. Zum Beispiel dass die Türen geräuschlos zufallen müssen, und irgendwas war auch mit der Klimaanlage.

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  2. Nichts Genaues weiß man nicht. Da wurde irgendwie auch immer ein Geheimnis drum gemacht. Ich kann nur dieses Video empfehlen, in dem Jeremy Clarkson von Top Gear etwas aus dem Nähkästchen plaudert: http://v.youku.com/v_show/id_XMzEwNzA0Mjg=.html

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